Gérard Thibault d’Anvers (ca. 1574 bis 1629) war ein niederländischer Fechtmeister, der schon früh begann sich mit der Kunst des Fechtens auseinanderzusetzen. Sein erster Lehrer in den Niederlanden war Lambert van Someron. Später, um ca. 1605, verbrachte Thibault einige Jahre als Wollhändler in Sanlúcar de Barrameda, südlich von Sevilla, in Spanien und begann dort das spanische Fechtsystem „la Verdadera Destreza“ (frei übersetzt: „Die wahre Kunst“) zu studieren. Nach seiner Rückkehr in die Niederlande (um 1610/1611) präsentierte Thibault sein neues Fechtsystem im Rahmen eines Wettkampfes in Rotterdam. Er gewann den Wettstreit und erhielt dadurch eine Einladung an den Hof des Prinzen Maurice von Nassau, um auch dort sein Fechtsystem zur Schau zu stellen. Diese Begutachtung erstreckte sich über mehrere Tage. Am Ende war Thibault in der Lage die anwesenden Fechtmeister, darunter auch sein früherer Lehrer Lambert van Someron, von seiner außergewöhnlichen Methode zu überzeugen. Im Jahr 1615 wurde Thibault erneut eingeladen sein Fechtsystem vorzustellen. Dieses Mal an den Hof des Herzogs von Kleve. Auch hier konnte Thibault überzeugen. Nach einer ca. sieben-jährigen Zeit, in der Thibault zwischen Amsterdam, Kleve und Spanien hin und her reiste ließ er sich im Jahr 1622 in Leiden nieder und begann an der dortigen Universität Mathematik zu studieren. Es gilt als wahrscheinlich, dass Thibault in dieser Zeit begann an seinem Werk Academie de l’Epée zu arbeiten. Acht Jahre später (1630) und damit ein Jahr nach Thibaults Tod, wurde dieses schließlich veröffentlicht.

Thibaults Magnus Opum „Acadmie de l’Epée“ (frei übersetzt: „Akademie des Schwertes“) ist eines der detailliertesten Werke der Fechtkunst, das je verfasst wurde. Das Buch befasst sich mit dem Umgang mit dem Rapier, einem langen, schlanken und eleganten Schwert der frühen Neuzeit. Das in diesem Werk dargelegte Fechtsystem wird heute grob in der „la Verdadera Destreza“, der heute umgangssprachlich als „spanische Schule“ bezeichneten Fechttradition, verortet. Innerhalb dieser Schule nimmt Thibaults Variante allerdings eine Randstellung ein, da er einige grundlegende Konzepte der „klassischen“ spanischen Schule in Frage stellt. Zum Beispiel wird das Schwert auf eine einzigartige Art und Weise gehalten und auch die Grundstellung der Füße unterscheidet sich deutlich zu der, der anderen spanischen Meister dieser Zeit.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Der erste behandelt neben den theoretischen Grundlagen des Fechtsystems, wie z. B. der Proportionslehre, aus der alle Maßangaben für die Länge des Schwertes und die Konstruktion des „mysteriösen Kreises“ (ein geometrisches Beinarbeitsschema) herfließen, den Umgang mit dem Rapier allein, das heißt ohne eine zweite Waffe in der linken Hand. Hierbei wird anfangs, anhand von außerordentlich schön gearbeiteten Abbildungen, das Fechtsystem als solches erklärt und anschließend Bezug darauf genommen, wie man mit diesem System den anderen Fechtschulen dieser Zeit begegnen soll.

Das zweite Buch beschäftigt sich im  Anschluss damit, wie man anderen Waffenkombinationen entgegentreten soll, wenn man nur sein Rapier verwendet. Dabei werden die Kombinationen Rapier und Dolch, sowie Rapier und Rundschild, wie auch das Lange Schwert und sogar die Muskete behandelt.

Ein drittes Buch, in dem es um den berittenen Kampf gehen sollte, war geplant, wurde aber aufgrund des Todes des Autors nie vollendet.