Joachim Meyer (ca. 1537 – 1571) ist ein Fechtmeister des 16. Jahrhunderts, er gilt gemeinhin als letzter Fechtmeister der Liechtenauer Fechttradition der Deutschen Schule.

Unter dem Mantel der Deutschen Schule werden verschiedenste Fechtbücher und Meister zusammengefasst, die sich vom 14. – 16. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum verorten lassen.

Die Liechtenauer Tradition selbst begründet sich auf Johann(es) Liechtenauer, der im 14. Jahrhundert gelebt haben soll; jedoch ist hier zu sagen, dass uns bis heute keine primäre Quelle aus der Hand Liechtenauers bekannt ist und es somit fraglich ist, ob es sich bei Liechtenauer selbst um eine reale Person oder fiktionale Figur in der Geschichte des Fechtens handelt.

Die Lehre Liechtenauers als solche unter seinen Namen ist uns indes bekannt, als dass mehrere spätere Quellen und Fechtmeister sich auf Liechtenauer als Verfasser des sogenannten Zettels, einem langen Merkgedicht von gereimten Couplets, beziehen.

Meyer wurde wahrscheinlich, wie aus Aufzeichnungen der St. Alban Kirche hervorgeht, in Basel in der Schweiz als Sohn von Jacob Meyer und Anna Freund geboren, wo er außerdem das Handwerk des Messerschmiedens erlernte. Über sich selbst schreibt er, dass er weit gereist sei, womit er sich möglicherweise auf die traditionelle Waltz eines Handwerksgesellen beziehen mag. Es wird gemeinhin vermutet, dass er auf seinen Reisen neben der Liechtenauer-Tradition auch mit etwaigen anderen Fechtsystemen in Kontakt kam. So sind in seinen Werken oft auch Einflüsse aus verschiedensten Schulen und Fechtsystemen (unter anderem Peter von Danzig, Jude Lew, Johannes Lecküchner, Achille Marozzo, Andre Paurnfeyndt, Sigmund ain Ringeck, Martin Syber, Jerónimo Sánchez de Carranza) zu erkennen.

Aus Aufzeichnungen der Saint-Guillaume Kirche in Straßburg geht hervor, dass sich Meyer bis zum 4. Juni 1560 in Straßburg niedergelassen hatte, wo er Apolonia Ruhlman zur Frau nahm, was ihm die Bürgerschaft von Straßburg, das Recht eine eigene Werkstatt zu betreiben sowie den Eintritt in die lokale Gilde der Messerschmiede ermöglichte.

Neben seinem Beruf als Messerschmied scheint sich Meyer schnell einen Namen als erfahrener Fechter in Straßburg gemacht zu haben; aus den 1560ern gibt es mehrere Dokumente, die belegen, dass Meyer wiederholt Anfragen zur Erlaubnis des Veranstaltens von öffentlichen Fechtveranstaltungen, sogenannten Fechtschulen, stellte. Die erste dieser, die uns bekannt ist, stammt aus dem Jahre 1561, in welcher auch ein anderer Fechter genannt wird, dessen Name, Christoph Elias, als Meyers Schüler dokumentiert ist.

In der späteren Hälfte der 1560er scheint Meyer auch über die Grenzen Straßburgs bekannt geworden zu sein, so ist das von Meyer verfasste Lund Manuskript dem Grafen Otto von Solms-Sonnenwalde, später bekannt als Pfalzgraf Johann Casimir von Pfalz-Simmern bekannt, gewidmet, der möglicherweise ebenfalls ein Schüler Meyers gewesen sein mag. Auch scheint Meyer mit Graf Stephan Heinrich von Everstein in Kontakt gestanden zu haben, welcher im Rapierteil des Rostocker Fechtbuches genannt wird.

Innerhalb der 1560er entstanden aus Meyers Hand verschiedene Manuskripte, die wahrscheinlich der Eigenwerbung dienten, selbige müssen jedoch auch eine hohe Verschuldung Meyers bedeutet haben. Allein für die Holzschnitte seines letzten Werkes musste Meyer ein Darlehen von 1300 Kronen aufnehmen, was eine Summe darstellt die das Mehrfache des jährlichen Einkommens eines Messerschmiedes, wie Meyer es war, darstellte. Doch seine Strategie scheint insofern aufgegangen zu sein, als dass Herzog Johann Albrecht I von Mecklenburg-Schwerin ihn als Fechtmeister und Ausbilder an seinem Hof unter Vertrag nahm.

Im Jahre 1571 dann scheint Meyer sich dann mit seinen Büchern auf den Weg nach Schwerin zu seiner neuen Anstellung gemacht zu haben. Auf dem Weg dorthin scheint sich Meyers Gesundheit jedoch so rapide verschlechtert zu haben, dass er nur 14 Tage nach seiner Ankunft, am 24. Februar in Schwerin verstarb.

Nach seinem Tod dann versuchte Antonio Ruhlman, der Schwager Meyers, im Namen seiner Schwester und mit der Hilfe des Straßburger Stadtrates die Bücher Meyers, die wahrscheinlich den wertvollsten Besitz des Verstorbenen darstellten, nach Straßburg zurückzuführen. Der Graf gab alle Besitztümer Meyers mit einer Summe Geldes an die Witwe Meyers zurück, schrieb jedoch, dass sich bei der Inspektion der Kiste, in der Meyers Bücher aufbewahrt worden waren, herausstellte, dass deren Inhalt durch Wasserschäden unwiederbringlich beschädigt worden wäre. Es ist zumindest zu vermuten, dass der Graf in dieser Beziehung in trügerischer Absicht handelte, da zumindest Meyers Rostocker Fechtbuch im Korpus der privaten Bibliothek das Grafen, als selbiger an die Rostocker Universität gespendet wurde, zu Tage kam. Die Holzschnitte von Meyers Magnum Opus wurden letztendlich verkauft, um dessen Schulden zu tilgen und wurden 1600 für den Druck der zweiten Edition von Meyers Hauptwerk verwendet.

Meyers erste Handschrift (MS Bibl. 2465, 1561) liegt heute im Bayerischen Nationalmuseum und wurde für Georg Johann I., Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Bayern, Grafen zu Veldenz und Herren zu Lutzelsten verfasst; das Manuskript enthält Anleitungen zum Fechten mit dem Langen Schwert, dem Dussack, Rapier, Dolch, sowie der Halben Stange, der Hellebarde, der Pike und dem Harnisch-Fechten.

Seine zweite (MS A.40.2, 1568), gemeinhin als Lund Manuskript bekannt, befindet sich in der Lunds Universitätsbibliothek und wurde für Otto, Graf von Solms, Münzenberg und Sonnenwalde geschrieben; das Manuskript enthält Anleitungen zum Fechten mit dem Langen Schwert, dem Dussack und dem Rapier.

Seine dritte Handschrift (MS Var.82, 1563 – 1571), auch als Rostocker Manuskript bekannt, liegt in der Universitätsbibliothek Rostock, wurde für Heinrich Graf von Eberst geschrieben und ist von völlig anderer Natur als die vorhergehenden Handschriften. Sie ist wie viele Fechthandschriften vorangehender Meister eine Anthologie von Abhandlungen, Quellen und Techniken prominenter deutscher Meister, darunter die von Sigmund ain Ringeck, Pseudo-Peter von Danzig und Martin Syber sowie anderer unbekannter Meister und enthält zudem auch von Meyer selbst entwickelte Konzepte. So ist davon auszugehen, dass der Rapier-Teil, obwohl im selbigen viele Einflüsse von anderen Meistern und anderen Systemen, zu erkennen sind, großteils eine eigene Entwicklung war, welche auch teils auf Lehren zum Langen Messer basiert haben könnten.

Schließlich vollendete Meyer am 24. Februar 1570 eine umfangreiche Abhandlung mit dem Titel ”Gründtliche Beschreibung, der freyen Ritterlichen und Adelichen Kunst des Fechtens”, die Johann Casimir, Pfalzgraf bei Rhein, gewidmet ist. Diese enthält alle Waffen des Manuskripts von 1561, jedoch nicht mehr den Teil zum gerüsteten Fechten. Dieses Buch wurde in einer zweiten Version in einer neuen Auflage 1600 mit einigen Änderungen nach dem Tode Meyers veröffentlicht.